H A M L E T | Inhalt | Personenübersicht |
Akt V, Szene II |
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Eine Schloßhalle. | |
Hamlet und Horatio treten auf. |
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Hamlet: | Soviel davon; jetzt achte auf das andre; Die nähern Umständ' all sind auch zur Hand? |
Horatio: | Zur Hand, jawohl, mein Prinz! |
Hamlet: | In meinem Innern tobte, Freund, ein Kampf, Der mich nicht schlafen ließ; mir schien's, ich läge Noch schlimmer als im Stock die Meutrer. Rasch - Gott sei gedankt dafür! Wir wissen's ja, Daß Übereilung oft uns trefflich dient, Wenn unser Grübeln scheitert, was uns lehrt: Daß Gottes Weisheit unsre Zwecke formt, Wie grob wir sie auch zugehaun. |
Horatio: | Das ist gewiß! |
Hamlet: | Aus der Kajüte, Mein Seekleid umgetan, tappt' ich im Dunklen Dem Ausgang zu; erlangte meinen Zweck, Nahm das Paket, und trug es schließlich wieder Zu meiner Koje heim; entsiegelt' keck, Denn meine Furcht ließ Anstand mich vergessen, Die Staatsdepesche; Freund, darinnen fand ich 'Nen königlichen Schurkenstreich, - Befehl', Mit mannigfachen Gründen dicht gespickt, Die Dänemarks und Englands Heil betrafen; Sowie mit einer Schreckensschilderung meiner. Sogleich nach Sicht, ohn' weitren Zeitverlust, Und wär' es nur, um noch das Beil zu schleifen, Den Kopf mir abzuschlagen. |
Horatio: | Ist es möglich? |
Hamlet: | Hier die Depesche, lies, wenn Zeit dazu; Doch willst Du hören, wie ich drauf verfuhr? |
Horatio: | Ja, bitte drum. |
Hamlet: | So rings umher von Schurkerei umschlossen, Die, eh' mein Kopf ein Vorspiel dichten, schon Das Spiel beginnen konnte, setzt' ich mich, Erdacht' ein neues Schreiben, schrieb es schön. Einst hielt auch ich, wie unsre Staatsbeamten, Schönschreiben für gemein und mühte mich, Erlerntes zu vergessen; aber, Freund, Jetzt tat mir's prächt'gen Dienst: Willst Du erfahren Den Inhalt meines Schreibens? |
Horatio: | Ja, mein Prinz. |
Hamlet: | Ein feierlich Beschwören von dem König, Wenn England seiner Lehnspflicht noch getreu, Wenn ihre Liebe gleich der Palme blühn, Wenn Friede seinen Erntekranz bewahren Und zwischen ihnen Freundschaft bleiben solle, Nebst manchem solchem "Wenn" von höchstem Werte, So möge er nach Sicht und Kenntnis dieses, Ohn' weitres Überlegen - mehr noch minder - Die Führer, ihnen Beichte selbst versagend, Hinrichten lassen. |
Horatio: | Doch, wo blieb das Siegel? |
Hamlet: | Hier eben war der Himmel recht ersichtlich. Des Vaters Petschaft trug ich in der Börse, Das das Modell zu Dän'marks Siegel war; Den Brief in Form des andren wieder faltend, Macht' ich die Aufschrift, sieglt' ihn und barg Ihn glücklich, daß der Tausch unmerklich war. Am nächsten Tag war unser Seegefecht, Und was dem folgt, erfuhrest Du bereits. |
Horatio: | So gehen Guildenstern und Rosenkranz darauf. |
Hamlet: | Sie zeigten Liebe ja zu dem Geschäft; Sie drücken mein Gewissen wenig, ihre Zudringlichkeit ward ihnen zum Verderben. Schlimm ist's, wenn ein gemeinsames Wesen zwischen Weg und Geleise blanker Degenklingen Von mächt'gen Gegenern kommt. |
Horatio: | Welch König das! |
Hamlet: | Bedenke, steht es nun mir ob, den Mörder Des Königs, der die Mutter mir geschändet, Vereitelt die Erfüllung meiner Wünsche, Nach meinem eignen Leben selbst geangelt Mit solchem Pfiff, in größter Seelenruhe Mit diesem Arm zu zahlen? Fluchenswert Ist's, diesem Krebs an unsrem Leibe noch Ein fernes Unheil möge machen! |
Horatio: | Er wird in kurzer Zeit aus England hören Den Ausgang des Geschäftes dort. |
Hamlet: | In kurzem, ja, die Zwischenzeit ist mein; Ein Menschenleben währt, um "eins" zu zählen. Doch tut mir's herzlich mir leid, Horatio, daß ich Laërtes gegenüber mich vergaß; Ich seh' in meiner Gründe Konterfei Der seinen Bild; mir liegt an seiner Gunst. Doch seines Grams Bramarbasieren brachte Mich ganz in Leidenschaft. |
Horatio: | Still, wer komt hier?! |
Osrick tritt auf. | |
Osrick: | Eure königliche Hoheit ist in Dänemark gar sehr willkommen. |
Hamlet: | Dank Euch, Herr. - Kennst Du diese Wasserfliege? |
Horatio: | Nein, teurer Prinz. |
Hamlet: | Heil Dir! Denn es ist eine Schande ihn zu kennen; er hat viel und fruchtbares Land, laß ein Tier Fürst der Tiere sein, so wird seine Krippe neben des Königs Tafel stehn: Eine Krähe ist er, aber, wie ich sage, von ausgezeichnetem Schmutzbesitztum. |
Osrick: | Teurer Prinz, wenn es Eurer Hoheit Zeit erlaubt, ich sollt' Euch etwas von seiner Majestät mitteilen. |
Hamlet: | Ich nehm' es in Empfang, Herr, mit größter Aufmerksamkeit; laßt doch Eurer Mütze ihr Recht wiederfahren; sie ist für den Kopf. |
Osrick: | Ich dank' Eurer Hoheit, es ist sehr heiß. |
Hamlet: | Nein, glaubt mir's, 's ist sehr kalt, der Wind ist nördlich. |
Osrick: | Es ist ziemlich kalt, mein Prinz, wahrhaftig. |
Hamlet: | Doch nein, wie mir's scheint, ist es sehr schwül und heiß, oder mein Befinden - |
Osrick: | Außerordentlich, mein Prinz, es ist sehr schwül, wie wenn - ich kann nicht sagen wie. Mein Prinz, seine Majestät befahl mir, Euch anzuzeigen, daß er eine bedeutende Wette auf Euch gemacht hat. Herr, der Gegenstand ist - |
Hamlet: | Ich bitt' Euch, bedenkt - |
Hamlet dringt ihn, seinen Hut aufzusetzen. | |
Osrick: | Nein, teurer Prinz, gut genug für meine Bequemlichkeit. Herr, hier ist neulich Laërtes zu Hofe gekommen; ein volkommener Edelmann, im Besitz mannigfacher, ausgezeichneter Eigenschaften, liebenswürdig im Umgang, und von schönem Äußren: Wahrlich - mit Gefühl von ihm zu sprechen - er ist ein Muster wahren Adels, denn Ihr werdet alles, was Ihr an einem Edelmanne zu sehen wünscht, in ihm vereinigt finden. |
Hamlet: | Herr, er fährt nicht schlecht bei Eurer Beschreibung; obschon ich weiß: Seine Vorzüge inventariumsmäßig aufzunehmen, könnte die Arithmetik des Gedächtnisses schwindlig machen, und wäre dennoch unzureichend in Ansehung seiner Vollkommenheit. Doch ohne Übertreibung ihn zu loben, ich halt' ihn für einen Mann von gewaltigen Fähigkeiten, und - was den Auszug aller dieser Seltenheit und Vortrefflichkeit bildet - ist, daß nur sein Spiegel Seinesgleichen zeigt, und wer es wagt, ihm nachzueifern, ist nur sein Schatten, weiter nichts. |
Osrick: | Eure Hoheit spricht ganz untrüglich über ihn. |
Hamlet: | Die Wahrheit, Herr? - Doch warum hüllen wir den Kavalier in unsren allzurauhen Atem? |
Osrick: | Prinz! |
Horatio: | Ist's möglich, seine Muttersprache nicht zu verstehn? O gewiß, Herr, Ihr versteht's. |
Hamlet: | Wie viel bringt Dir die Lobhudelei dieses Kavaliers ein? |
Osrick: | Des Laërtes? |
Horatio: | Seine Börse ist schon leer; alle seine goldenen Worte sind ausgezahlt. |
Hamlet: | Von ihm, Herr. |
Osrick: | Ich weiß, Ihr seid nicht ununterrichtet - |
Hamlet: | Ich wollte, ich wärt es, Herr, doch wahrlich, wenn ihr's wäret, es würde mir nichtviel helfen; gewiß, Herr. |
Osrick: | Nicht ununterrichtet seid Ihr vom Werte des Laërtes. |
Hamlet: | Ich darf es nicht bekennen, ich würde denn an Vortrefflichkeit mit ihm verglichen; einen herrlichen Menschen kennen, heißt sich selbst kennen. |
Osrick: | Ich spreche, Herr, von seiner Waffe, nur in dieser Beziehung ist sein Verdienst unvergleichlich. |
Hamlet: | Welche Waffe führt er? |
Osrick: | Rapier und Degen. |
Hamlet: | Das sind zwei Waffen; doch gut. |
Osrick: | Der König, Prinz, hat mit ihm auf sechs arab'sche Pferde gewettet, gegen die er, wie ich glaube, sechs französische Rapiere und Dolche, mit ihrem Zubehör, wie Gürtel, Gehenke usw. eingesetzt hat; wahrlich, von dreien der Gestelle kann man sich nur schwer eine Vorstellung machen; sie passen zu den Griffen, vortreffliche Gestelle, und von solider Beschaffenheit. |
Hamlet: | Was nennt Ihr Gestelle? |
Horatio: | Ich wußte, Ihr würdet durch seine Randglossen noch erbaut werden, bevor Ihr's abgemacht hattet. |
Osrick: | Die Gestelle, Prinz, sind Gehenke. |
Hamlet: | Das Wort würde der Sache angemessner sein, wenn wir eine Kanone an unserer Seite tragen könnten; bis dahin mögen sie Gehenke bleiben. Aber: Sechs Araber gegen sechs französische Degen nebst Zubehör und drei Gehenke von echter Beschaffenheit, daß heißt Frankreich gegen Dänemark wetten. Warum wird dies eingesetzt, wie Ihr's nennt? |
Osrick: | Der König, Herr, hat gewettet, daß er Euch während eines Dutzend Gänge nicht drei Stöße beibringen wird; er hat gewettet, von zwölfen - neun; und es würde sofort zum Versuche kommen, wenn Eure Hoheit zu entgegnen geruhten. |
Hamlet: | Wie, wenn ich entgegnete, nein? |
Osrick: | Mein Prinz, ich meine die Entgegnung Eurer Person bei der Probe. |
Hamlet: | Herr, ich werde mich hier in der Halle ergehn; wenn es seiner Majestät beliebt, ist es just meine Erholungsstunde: Schafft die Waffen herbei, den kampfgeneigten Kavalier, und der König halte seinen Vorsatz, ich will für ihn gewinnen, wenn ich kann; wenn nicht, werd' ich nichts als Schande erringen, und ein paar Stöße. |
Osrick: | Soll ich dies von Euch überbringen? |
Hamlet: | Diese Versicherung, Herr; hinter welchem Redeschmuck es Euch beliebt. |
Osrick: | Eurer Hoheit empfehl' ich meine Ergebenheit. |
Osrick ab. | |
Hamlet: | Der Eure! Er tut wohl, sie selbst zu empfehlen; andre Zungen werden ihm nicht zu Diensten stehn. |
Horatio: | Dieser Kiebitz läuft davon, mit der Schelle auf seinem Kopf. |
Hamlet: | Er bekomplimentierte schon seiner Mutter Brust, bevor er saugte. So hat er - und mit ihm viele derselben Beschaffenheit, in die ich unser fades Zeitalter vernarrt weiß - den Ton der Zeit und das gesellschaftliche Kleid gefunden; eine Art Schaumbildung, die ihn durch die lächerlich dümmsten Urteile führt; aber man blase nur zur Probe, und die Blasen sind fort. |
Ein Edelmann tritt auf. | |
Edelmann: | Mein Prinz, seine Majestät empfahl sich, Euch durch den jungen Osrick, welcher rapportierte, Ihr harret seiner in der Vorhalle; er sendet mich zu erfahren, ob es Euch beliebt, mit Laërtes zu fechten, oder ob Ihr Euch Zeit damit nehmen wollt. |
Hamlet: | Ich bin konsequent in meinem Willen; er gehorcht dem Wunsche des Königs: Wenn's ihm gelegen ist, ich bin bereit; jetzt, oder irgend jemals, - vorausgesetzt, ich sei so befähigt wie jetzt. |
Edelmann: | Der König, die Königin und alle kommen herunter. |
Hamlet: | Zu guter Zeit. |
Edelmann: | Die Königin wünscht: Ihr möchtet mit dem Laërtes freundlich sprechen, bevor Ihr zu fechten beginnt. |
Hamlet: | Ein weiser Rat! |
Edelmann ab. | |
Horatio: | Mein Prinz, Ihr werdet die Wette verlieren. |
Hamlet: | Ich denke nicht so; seit er nach Frankreich ging, bin ich fortwährend in Übung gewesen, ich werde um ein paar Stöße gewinnen. Aber Du kannst es nicht denken, wie weh mir ums Herz ist; doch es ist kein Gegenstand. |
Horatio: | Nein, mein teurer Prinz. |
Hamlet: | Es ist nur Narretei; doch es ist eine Art Ahnung, die ein Weib vielleicht beängstigen könnte. |
Horatio: | Wenn Eure Seele irgend etwas widersteht, so gehorcht ihr; ich werd' ihr Erscheinen hier verhindern, und sag', es ist Euch nicht gelegen. |
Hamlet: | Nicht ein Jota davon; wir trotzen der Ahnung; eine besondere Vorsehung bekundet sich beim Fall eines Sperlings. Wenn's jetzt geschieht, braucht's nicht zu kommen; wenn es nicht geschieht, so wird's doch kommen: Gefaßt sein, das ist alles: Weil niemand weiß, was er verläßt, was liegt daran, es bald zu verlassen? Laß sein! |
König, Königin, Laërtes, Kavaliere, Osrick und Diener mit Rapieren usw. treten auf. | |
König: | Komm, Hamlet, komm, nimm diese Hand aus meiner. |
Der König legt Laërtes' Hand in die des Hamlet. | |
Hamlet: | Verzeiht mir, Herr; ich habe Euch beleidigt; Doch Ihr verzeiht, wenn Ihr ein Edelmann. Hier, die Gesellschaft weiß, drum hörtet Ihr's, Wie ich geplagt mit kläglicher Zerrüttung. - Was ich getan, Das Eure Ehre und Empfindlichkeit Unsanft berührt, ich nenn' es hiermit Wahnsinn. War's Hamlet, der Laërtes kränkte? - Nein! Wenn Hamlet seiner selbst nicht mächtig ist, Und wenn er, nicht mehr Hamlet, kränkt Laërtes, Dann tut's doch Hamlet nicht, Hamlet verneint's. Wer tut es denn? Sein Wahnsinn! Ist dem so, Steht Hamlet auf der Seite des Gekränkten, Sein Wahnsinn ist des armen Hamlet Feind. Herr, dies vernehmend, Laß mich mein Bedauern ausgeführten Unrechts, In Eurem Edelsinn mich so entschuldigen, Als wenn den Pfeil ich übers Haus geschossen, Der meinen Bruder traf. |
Laërtes: | Genug getan ist meinem Ehrgefühl, Das mich in diesem Fall zur Rache reizte; Doch meine eigne Ansicht über Ehre Genüget nicht; drum will ich nicht Versöhnung, Eh' ich von Männern anerkannter Ehre Nicht Stimm' und Urteil auch zum Frieden habe; Rein soll mein Name sein; doch bis dahin Nehm' ich die dargebotne Lieb' als Liebe Und tret' ihr nicht zu nah. |
Hamlet: | Ich nehm' es freudig an, Und will die Bruderwette gern beginnen; Gebt die Rapiere her; kommt an. |
Laërtes: | Kommt, eins für mich. |
Hamlet: | Mein Ungeschick wird Euch die Folie sein, Drin Eure Kunst, ein Stern im Dunklen, glänzt. |
Laërtes: | Ihr spottet mein. |
Hamlet: | Nein, mein Hand darauf. |
König: | Gebt Ihnen die Rapiere, Osrick. - Hamlet, Du kennst die Wette. |
Hamlet: | Ganz genau, mein Fürst. Der schwache Einsatz liegt auf schwacher Seite. |
König: | Ich fürcht' es nicht, ich sah Euch beide schon, Doch wenn er besser ist, wir setzten wenig. |
Laërtes: | Dies ist zu schwer, laß mich ein andres sehn. |
Hamlet: | Dies scheint mir gut; gleich lang sind die Rapiere? |
Osrick: | Ja, teurer Prinz. |
Sie bereiten sich zum Kampf. | |
König: | Setzt auf den Tisch Pokale mir voll Weins; Wenn Hamlet trifft beim ersten, zweiten Stoß, Auch wenn er unberührt beim dritten Gange, Laßt das Geschütz auf allen Wällen feuern; Auf Hamlets Wohlsein wird der König trinken, Und in den Becher eine Perle werfen, Viel reicher als sie in der Krone trugen Vier Kön'ge Dän'marks. Gebt mir die Pokale Und laßt die Pauke zur Drommete sprechen, Zum Kannoniere draußen die Drommete, Zum Himmel die Kanonen, der - zur Erde: "Jetzt trinkt der König Hamlet zu." Fangt an, Ihr aber, Richter, habt ein wachsam Auge. |
Hamlet: | Vorwärts, Herr. |
Laërtes: | Drauf, mein Prinz. |
Hamlet: | Eins. |
Laërtes: | Nein. |
Hamlet: | Urteil! |
Osrick: | Ein Stoß, offenbar ein Stoß. |
Laërtes: | Gut, weiter. |
König: | Gebt mir den Trank; Hamlet, die Perl' ist Dein; Hier auf Dein Wohl. Gebt ihm den Becher. |
Trompetentusch, draußen Kanonenschüsse. | |
Hamlet: | Laß mich beenden, erst, setz hin ein Weilchen. Kommt! Ein zweiter Stoß, - was meint Ihr? |
Sie fechten. | |
Laërtes: | Getroffen, getroffen! Ich bekenn' es. |
König: | Unser Sohn wird gewinnen. |
Königin: | Fett ist er und engbrüstig. Mein Schnupftuch nimm, und trockne Deine Stirn, Hamlet, die Königin trinkt auf Dein Glück. |
Hamlet: | Teure Mutter - |
König: | Gretrud, trink nicht. |
Königin: | Ich will, mein König, bitt', verzeihet mir. |
König: | (beiseite) 's war der vergiftete; es ist zu spät. |
Hamlet: | Jetzt, Mutter, kann ich trinken nicht; nachher. |
Königin: | Komm, laß mich trocknen Dein Gesicht. |
Laërtes: | Mein Fürst, jetzt treff' ich ihn. |
König: | Ich glaub' es nicht. |
Laërtes: | (beiseite) Und doch, fast ist es wieder mein Gewissen. |
Hamlet: | Laërtes, kommt; zum dritten Gang; Ihr tändelt; Bitt' Euch, fallt aus mit Eurer ganzen Kraft; Ich fürchte fast, daß Ihr mich necken wollt. |
Laërtes: | Meint Ihr? Vorwärts! |
Sie fechten. | |
Osrick: | Von beiden Seiten nichts. |
Laërtes: | Jetzt gebet acht. |
Laërtes verwundet den Hamlet; dann verwechseln sie im Handgemenge die Rapiere, und Hamlet verwundet den Laërtes. | |
König: | Trennt sie, sie sind entflammt. |
Hamlet: | Nein, kommt aufs neu'. |
Die Königin sinkt um. | |
Osrick: | Seht dort, die Kön'gin, ho! |
Horatio: | Sie bluten beiderseits; wie steht's, mein Prinz? |
Osrick: | Wie geht's, Laërtes? |
Laërtes: | Wie einem Spatz, in meiner eignen Schlinge, Durch meine eigne List sterb' ich gerecht. |
Hamlet: | Was ist der Königin? |
König: | Ohnmächtig macht sie's, bluten Euch zu sehn. |
Königin: | Nein, nein, der Trank, der Trank. O teurer Hamlet! Der Trank, der Trank, - ich bin vergiftet. |
Stribt. | |
Hamlet: | Ha, Schurkerei! Man soll die Türen schließen; Verrat scheint mir im Spiel. |
Laërtes sinkt. | |
Laërtes: | So ist es, Hamlet; Hamlet bist verloren; Kein Mittel in der Welt macht Dich genesen, In Dir ist kein halb Stündchen Leben mehr, Die schnöde Waffe ist in Deiner Hand, Scharf und vergiftet; doch faule List, Hat gegen mich sich nun gewandt; hier lieg' ich, Nie aufzustehn; vergiftet Deine Mutter; - Ich kann nicht mehr; der König trägt die Schuld. |
Hamlet: | Vergiftet ist die Spitze, nun denn, Gift, Zu Deinem Werk. |
Ersticht den König. | |
Osrick, Edelleute: |
Verrat! Verrat! |
Hamlet: | Blutschänder, Mörder, Du verfluchter Däne, Trink aus dem Trank. Verein'gung ruht in ihm? Folg meiner Mutter. |
Der König stirbt. | |
Laërtes: | Recht ist ihm geschehn. Es ist ein Gifttrank, den er slbst gebraut. Vergebung laß uns wechseln, edler Hamlet: Mein und meines Vaters Tod komm nicht auf Dich, Der Deine nicht auf mich. |
Stirbt. | |
Hamlet: | Der Himmel sprech' Dich frei! Ich folge Dir; Ich sterb', Horatio! Königin - leb wohl! - Die bleich und zitternd ihr den Vorfall seht, Die stumme Zeugen ihr des Aktes seid, Hätt' ich nur Zeit - wie der Tyrann - der Tod Doch pünktlich Einhalt tut - ich wollt' euch melden, - Doch mag's drum sein: Horatio, ich sterbe, Du lebst; bring mich und meine Sach' ins Klare, Dem Unbefriedigten. |
Horatio: | Das glaube ich nicht. Ich bin ein alter Römer mehr, denn Däne; Hier ist noch etwas Saft. |
Hamlet: | Bist Du ein Mann! Gib her, laß ab, bei Gott, ich will ihn haben. O Gott, Horatio, welch befleckter Name - Bleibt manches unklar - wird mich überleben? Wenn Du mich je in Deinem Herzen trugst, Enthalte Dich der Wonne noch ein Weilchen Und atme mühvoll in der herben Welt, Um mein Geschick zu künden. |
Marsch in der Ferne, Schüsse draußen. | |
Osrick: | Welch kriegerischer Lärm? Mit Beute kehrt aus Polen wieder heim Jung Fortinbras. Gesandten Englands gilt Der kriegerische Gruß. |
Hamlet: | Ich sterb', Horatio, Das starke Gift besiegt die Lebensgeister; Aus England werd' ich keine Zeitung hören; Ich prophezei': Gewählt wird Fortinbras; - Ich geb' ihm, sterbend, hiermit meine Stimme. Mehr oder wen'ger laß ihn das erfahren, Wonach er fragt; - das Übrige heißt Schweigen. |
Stirbt. | |
Horatio: | Jetzt bricht ein edles Herz: Gut Nacht, mein Prinz, Und Engelscharen singen Dich zur Ruh. - Was will das Trommeln hier? |
Marsch draußen. Fortinbras, die englischen Gesandten und andre treten auf. | |
Fortinbras: | Wo ist das Schauspiel? |
Horatio: | Ihr wolltet sehen, wie es ist? Ob Schmerz, ob Wunder, stellt das Suchen ein. |
Fortinbras: | Laut schreit dies Viereck: Mord! O, stolzer Tod, Welch Fest ist heut' in Deiner ew'gen Zelle, Daß Du mit einem Streich so manchen Fürsten So blutig hingestreckt? |
1. Gesandter: | Schreckenhafter Anblick; Von England unsre Botschaft kommt zu spät, Taub sind die Ohren, die vernehmen sollten Die Nachricht, sein Befehl sei streng erfüllt, Und Rosenkranz und Guildenstern sei'n tot. Wer dankt uns nun? |
Horatio: | Auch sein Mund würde nicht, Selbst wenn er lebte, Dank dafür Euch zu zollen. Er gab zu ihrem Tod Euch nie Befehl. Doch weil Ihr just zu diesem blut'gen Streit Vom Polenfeldzug Ihr, und Ihr von England Hier angelangt, erteilt Befehl, die Leichen Auf einem Schaugerüst hoch auszustellen; Mich lasset dem Uneingeweihten melden, Wie alles dies geschah, so werd't Ihr hören: Von Taten sinnlich, blutig, unnatürlich, Wie Zufall Richter ward, und Blut vergoß, Von wohlerwognem, listentstammten Tod, Und schließlich noch, wie fehlgeschlagne Absicht Das Haupt des Täters traf: Von alledem Kann treulich ich berichten. |
Fortinbras: | Laßt eilen uns zu hören diese Mär', Und alle Edlen zieh zur Audienz. Mit tiefen Schmerz erfaß' ich dies mein Glück; Ich hab' von früher Rechte an dies Reich, Die jetzt mein Vorteil geltend machen wird. |
Horatio: | Ich habe Grund, auch über dies zu sprechen, Aus dessen Mund, deß Stimme von Gewicht; Doch lasset uns das Werk sogleich vollbringen, Dieweil die Geister noch erregt, bevor Verwirrung noch und Spaltung Unheil stiften. |
Fortinbras: | Vier Kapitäne laßt den Hamlet tragen Gleich einem Helden auf das Schaugerüst: Er hätte sich, hätt' er's erreicht, gewiß Höchst königlich gezeigt: Zieht er vorbei, Soll Schlachtmusik und sollen Kriegsgebräuche Laut für ihn sprechen. Hebt auf die Leichen. Solch ein Anblick paßt Aufs Schlachtfeld nur, hier ist er nur verhaßt. Geht, laßt die Truppen feuern. |
Ein Totenmarsch; man trägt die Leichen fort, darauf Kanonenschüsse. |
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