K Ö N I G L E A R | Inhalt | Personenübersicht | Akt IV, Szene IV |
Akt IV, Szene III |
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Das französische Lager bei Dover. | |
Es treten auf Kent und ein Edelmann. |
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Kent: | Warum der König von Frankreich so plötzlich zurückgegangen ist - wißt Ihr die Ursach'? |
Edelmann: | Es war ein Staatsgeschäft noch nicht vollendet, Das nach der Landung er bedacht. Es drohte Dem Königreich so viel Gefahr und Schrecken, Daß eigne Gegenwehr höchst dringend schien Und unvermeidlich. |
Kent: | Wen ließ er hier zurück als seinen Feldherrn? |
Edelmann: | Den Marschall Frankreichs, Monseigneur le Fer. |
Kent: | Reizten Eure Briefe die Königein nicht zu Äußerungen des Schmerzes? |
Edelmann: | Jawohl, sie nahm sie, las in meinem Beisein, Und dann und wann rollt' eine volle Träne Die zarte Wang' herab. Es schien, daß sie Als Kön'gin ihren Schmerz regierte, der Rebellisch wollt' ihr König sein. |
Kent: | O dann Ward sie bewegt. |
Edelmann: | Doch nicht zum Zorn. Geduld und Kummer stritten, Wer ihr den stärksten Ausdruck lieh. Ihr saht Regen zugleich und Sonnenschein. Ihr Lächeln Und ihre Tränen waren wie Frühlingstag. Dies sel'ge Lächeln, das die frischen Lippen Umspielte, schien, als wiss' es um die Gäste Der Augen nicht, die so von diesen schieden, Wie Perlen von Demanten tropfen. Kurz, Der Gram würde als Schatz gesucht, wenn jeden Er so schmückte. |
Kent: | Hat sie nichts gesprochen? |
Edelmann: | Ja, mehrmals seufzte sie den Namen Vater Stöhnend hervor, als preßt' er ihr das Herz. Rief: Schwestern! Schwestern! Schmach der Frauen! Schwestern! Kent! Vater! Schwestern! Was, in Sturm und Nacht? Glaubt an kein Mitleid mehr! Dann strömten ihr Die heil'gen Tränen aus den Himmelsaugen Und netzten ihren Lauf. Sie stürzte fort, Allein mit ihrem Gram zu sein. |
Kent: | Die Sterne, Die Sterne bilden unsre Sinnesart, Sonst zeugte nicht so ganz verschiedne Kinder Ein und dasselbe Paar. - Spracht Ihr sie noch? |
Edelmann: | Nein. |
Kent: | War's vor des Königs Reise? |
Edelmann: | Nein, hernach. |
Kent: | Gut, Herr! Der arme kranke Lear ist in der Stadt. Manchmal in beßrer Stimmung wird's ihm klar, Warum wir hier sind, und auf keine Weise Will er die Tochter sehn. |
Edelmann: | Weshalb nicht, Herr? |
Kent: | Ihn überwältigt so die Scham, sein harter Sinn, Der seinen Segen ihr entzog, sie preisgab Dem fremden Zufall und ihr teures Erbrecht Den hünd'schen Schwestern lieh - das alles sticht So giftig ihm das Herz, daß glühnde Scham Ihn von Cordelien fernhält. |
Edelmann: | Armer Herr! |
Kent: | Wißt Ihr von Cornwalls und Albaniens Macht? |
Edelmann: | Wie schon gesagt - sie stehn im Feld. |
Kent: | Ich bring Euch jetzt zu unserm König Lear Und laß ihn Eurer Pflege. Wichtige Gründe Gebieten, mich verborgen noch zu halten. Geb ich mich kund, so wird's Euch nicht gereuen, Daß Ihr mich jetzt gekannt. Ich bitt Euch, kommt, Begleitet mich. |
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