K Ö N I G L E A R | Inhalt | Personenübersicht | Akt V, Szene I |
Akt IV, Szene VII |
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Zelt. | |
Es treten auf Cordelia, Kent ein Arzt und ein Edelmann. |
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Cordelia: | O teurer Kent, kann all mein Tun und Leben Dir je vergüten? Ist mein Leben doch Zu kurz und jeder Maßstab allzu klein. |
Kent: | So anerkannt ist überreich bezahlt. Was ich gesagt, ist alles schlichte Wahrheit, Nicht mehr noch minder. |
Cordelia: | Nimm beßres Kleid; Die Tracht ist Denkmal jener bittern Stunden, Ich bitt dich, leg sie ab. |
Kent: | Nein, güt'ge Fürstin; Jetzt schon erkannt sein schadet meinem Plan. Als Gnade bitt ich, kennt mich jetzt noch nicht, Eh' Zeit und ich es heischen. |
Cordelia: | Sei's denn so, Mein werter Lord. (Zum Arzt.) Was macht der König? |
Arzt: | Er schläft noch, Fürstin! |
Cordelia: | Güt'ge Götter, heilt Den großen Riß des schwer gekränkten Geistes! Der Sinne rauhen Mißklang, stimmt ihn rein Dem Kind gewordnen Vater! |
Arzt: | Gefällt's Eu'r Hoheit, daß wir den König wecken? Er schlief lang. |
Cordelia: | Folgt Eurer Einsicht und verfahrt durchaus Nach eignem Willen. Ist er angekleidet? |
Diener bringen den schlafenden Lear in einem Sessel herein. | |
Edelmann: | Ja, gnäd'ge Frau, in seinem tiefen Schlaf Versahn wir ihn mit frischen Kleidern. |
Arzt: | Bleibt, gnäd'ge Königin, bis wir ihn erwecken; Ich zweifle nicht an mildrer Stimmung. |
Cordelia: | Wohl! |
Arzt: | Gefällt's Euch, näher! - Lauter die Musik! |
Cordelia: | Mein teurer Vater! - O Genesung, gib Heilkräfte meinen Lippen. Dieser Kuß Lindre den grimmen Schmerz, mit dem die Schwestern Dein Alter kränkten! |
Kent: | Güt'ge, liebe Fürstin! |
Cordelia: | Warst du ihr Vater nicht - dies Silberhaar Verlangte Mitleid. Oh, war dies ein Haupt, Dem Sturm der Elemente preiszugeben? Dem lauten, furchtbarn Donner? - Standzuhalten Dem höchst graunvollen, schnell beschwingten Flug Gekreuzter Blitze? Meines Feindes Hund, Und hätt' er mich gebissen, durft' in jener Nacht An meinem Feuer stehn - und dir, mein Vater, Genügte faules, kurzes Stroh bei Schweinen Und vogelfreiem Volk! Ach Gott! Ach Gott! Ein Wunder, daß dein Leben nicht zugleich Mit deinen Sinnen schied. - Er wacht; sprecht zu ihm! |
Arzt: | Tut Ihr's, Mylady; 's ist am besten. |
Cordelia: | Was macht mein königlicher Herr? Wie geht's Eu'r Majestät? |
Lear: | Oh, es ist unrecht, daß Ihr aus dem Grab mich nehmt. Du bist ein sel'ger Geist, ich bin gebunden Auf einem Feuerrad, das meine Tränen Durchglühn wie flüssig Blei. |
Cordelia: | Herr, kennt Ihr mich? |
Lear: | Du bist ein Geist, ich weiß es wohl - wann starbst du? |
Cordelia: | Noch immer weit, weit weg! |
Arzt: | Er ist kaum wach, laßt ihn ein Weilchen ruhig. |
Lear: | Wo war ich denn? Wo bin ich? Heller Tag? - Man täuscht mich arg. - Ich stürbe wohl vor Mitleid, Erblickt' ich andre so. - Wie ist mir doch? Ich will nicht schwören, dies sei meine Hand, Laß sehn! ich fühle diesen Nadelstich, Wär' ich doch überzeugt von meinem Zustand! |
Cordelia: | O seht auf mich, Mylord! Hebt Eure Hand zum Segen über mich! Nein, Herr, Ihr müßt nicht knien. |
Lear: | Spottet meiner nicht! Ich bin ein schwacher, kind'scher, alter Mann, Achtzig und drüber, keine Stunde mehr Noch weniger, und grad heraus, Ich fürchte fast, ich bin nicht recht bei Sinnen. Mich dünkt, ich kenn Euch, kenn auch diesen Mann, Doch zweifl' ich noch, denn ich begreif es nicht, An welchem Ort ich bin. All mein Verstand Entsinnt sich dieser Kleider nicht, noch weiß ich, Wo ich die Nacht schlief. Lacht nicht über mich, Denn so gewiß ich lebe, Die Dame halt ich für mein Kind Cordelia. |
Cordelia: | Das bin ich auch! Ich bin's! |
Lear: | Sind deine Tränen naß? Ja, wirklich! Bitte, O weine nicht! Wenn du Gift für mich hast, so will ich's trinken, Ich weiß, du liebst mich nicht; denn deine Schwestern, Soviel ich mich erinnre, kränkten mich; Du hattest Grund, sie nicht. |
Cordelia: | Kein Grund! Kein Grund! |
Lear: | Bin ich in Frankreich? |
Cordelia: | In Eurem eignen Königreich, Mylord! |
Lear: | Betrügt mich nicht! |
Arzt: | Seid ruhig, hohe Frau! Die große Wut ist, wie Ihr seht, geheilt; Doch wär's gefährlich, die verlorne Zeit Ihm zu erklären. Führt ihn jetzt hinein! Und stört ihn nicht, bis er sich mehr erholt |
Cordelia: | Beliebt es Euch, hineinzugehn, mein König? |
Lear: | O habt Geduld mit mir! Bitte, vergeßt, Vergebt, denn ich bin alt und kindisch. |
Lear, Cordelia, Arzt und Bediente gehen ab. | |
Edelmann: | Bestätigt sich's, Daß Herzog Cornwall so erschlagen ward? |
Kent: | Ja, Herr! |
Edelmann: | Wer ist der Führer seines Heeres? |
Kent: | Man sagt, der Bastard Glosters. |
Edelmann: | Sein verbannter Sohn Edgar, heißt's, lebt mit dem Grafen Kent In Deutschland. |
Kent: | Das Gerücht ist unverbürgt. 's ist Zeit, sich umzuschaun, das Heer des Reichs Rückt schleunig vor. |
Edelmann: | Nun, die Entscheidung wird blutig sein. Gehabt Euch wohl! |
Geht ab. | |
Kent: | Und meine Schale senkt sich oder steigt, Gut oder schlimm, wie jetzt der Sieg sich neigt. |
Geht ab. |
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