M A C B E T H | Inhalt | Zu dieser Ausgabe | Personenübersicht | Akt IV, Szene III |
Akt IV, Szene II |
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Fife, Zimmer in Macduffs Schloss. | |
Es treten auf Lady Macduff, ihr kleiner Sohn und Rosse. |
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Lady Macduff: | Was tat er denn, landflüchtig so zu werden? |
Rosse: | Geduldig müsst ihr sein. |
Lady Macduff: | Er war es nicht. Die Flucht ist Wahnsinn. Wenn nicht unsre Taten, Macht Furcht uns zu Verrätern. |
Rosse: | Wenig wisst Ihr, Ob er der Weisheit oder Furcht gehorchte. |
Lady Macduff: | Weisheit! Sein Weib, die kleinen Kinder lassen, Haushalt wie seine Würden, an dem Ort, Von dem er selbst entflieht? Er liebt uns nicht, Ihm fehlt Naturgefühl #60. Bekämpft der schwache Zaunkönig, dieses kleinste Vögelchen, Die Eule doch für seine Brut im Nest. Bei ihm ist alles Furcht und Liebe nichts; Nicht größer ist die Weisheit, wo die Flucht So gegen die Vernunft rennt. |
Rosse: | Teure Muhme, Ich bitte, mäßigt Euch; denn Euer Gatte Ist edel, klug, vorsichtig, kennt am besten Der Tage Sturm #61. - Nicht viel mehr darf ich sagen. - Doch harte Zeit, wenn wir Verräter sind Uns unbewusst, wenn uns Gerüchte ängsten Aus Furcht nur, doch nicht wissend, was wir fürchten, Getrieben auf empörtem, wildem Meer, Nach allen Seiten hin. - So lebt denn wohl! Nicht lang, und wieder frag ich vor bei Euch. Was so tief sank, geht unter oder klimmt Zur alten Höh' empor. Mein Vetterchen, Gott segne dich! |
Lady Macduff: | Er hat 'nen Vater und ist Vaterlos. |
Rosse: | Ich bin so kindisch, dass ein längres Bleiben Mich nur beschämen würd' und Euch entmut'gen: Lebt wohl mit eins! |
Er geht ab. | |
Lady Macduff: | Nun, Freund, tot ist dein Vater; Und was fängst du nun an? wie willst du leben? |
Sohn: | Wie Vögel, Mutter. |
Lady Macduff: | Was, von Würmern? Fliegen? |
Sohn: | Nein, was ich kriegen kann, so machen sie's. |
Lady Macduff: | Du armer Vogel, würdest nicht das Netz, Leimrute, Schling' und Falle fürchten. |
Sohn: | Wie doch? Für arme Vögel stellt man die nicht auf. - Mein Vater ist nicht tot, was du auch sagst. |
Lady Macduff: | Ja, doch; wo kriegst du nun 'nen Vater her? |
Sohn: | Nun, wo kriegst du 'nen Mann her? |
Lady Macduff: | Ei, zwanzig kauf ich mir auf jedem Markt. |
Sohn: | So kaufst du sie, sie wieder zu verkaufen. |
Lady Macduff: | Du sprichst, so klug du kannst, und für dein Alter Doch wahrlich klug genug. |
Sohn: | War mein Vater ein Verräter, Mutter? |
Lady Macduff: | Ja, das war er. |
Sohn: | Was ist ein Verräter? |
Lady Macduff: | Nun, einer, der schwört und es nicht hält. |
Sohn: | Und sind alle Verräter, die das tun? |
Lady Macduff: | Jeder, der das tut, ist ein Verräter und muss aufgehängt werden. |
Sohn: | Müssen denn alle aufgehängt werden, die schwören und es nicht halten? |
Lady Macduff: | Ja wohl. |
Sohn: | Wer muss sie denn aufhängen? |
Lady Macduff: | Nun, die ehrlichen Leute. |
Sohn: | Dann sind die, welche schwören und es nicht halten, rechte Narren; denn ihrer sind so viele, dass sie die ehrlichen Leute schlagen könnten und aufhängen dazu. |
Lady Macduff: | Nun, Gott stehe dir bei, armes Äffchen! Aber was willst du nun anfangen, um einen Vater zu bekommen? |
Sohn: | Wenn er tot wäre, so würdest du um ihn weinen, und tätest du das nicht, so wäre es ein gutes Zeichen, dass ich bald einen neuen Vater bekomme. |
Lady Macduff: | Armes Närrchen, wie du plauderst! |
Ein Bote tritt auf. | |
Bote: | Gott mit Euch, schöne Frau! Ihr kennt mich nicht, Doch weiß ich Euren Stand und edlen Namen. Ich fürchte, dass Gefahr Euch nah bedroht; Verschäht Ihr nicht den Rat 'nes schlichten Mannes, So bleibt nicht hier: schnell fort mit Euren Kleinen! Euch so zu schrecken, bin ich grausam zwar; Doch wär's Unmenschlichkeit, es nicht zu tun, Da die Gefahr so nah. Der Himmel schütz' Euch! Ich darf nicht weilen. |
Er geht ab. | |
Lady Macduff: | Wohin sollt' ich fliehn? Ich tat nichts Böses: doch jetzt denk ich dran, Dies ist die ird'sche Welt, wo Böses tun Oft löblich ist und Gutes tun zuweilen Schädliche Torheit heißt. Warum denn, ach, Verlass ich mich auf diese Frauenwaffe Und sag, ich tat nichts Böses? - |
Die Mörder kommen. | |
Was für Gesichter? | |
Mörder: | Wo ist Euer Mann? |
Lady Macduff: | Nicht, hoff ich, an so ungeweihtem Platz, Wo deinesgleichen ihn kann finden. |
Erster Mörder: | Er Ist ein Verräter. |
Lady Macduff: | Du lügst, strupfköpf'ger Schurke! |
Erster Mörder: | Was! du Ei, |
Ersicht das Kind. | |
Verräterbrut! | |
Sohn: | Er hat mich umgebracht! Mutter, ich bitte dich, lauf fort! |
Lady Macduff entflieht und schreit Mord! Die Mörder verfolgen sie. | |
Anmerkungen | |
#60 | the natural touch: das natürliche Gefühl, das Gefühl für natürliche Gegebenheiten. |
#61 | The fits o'th' season: Die Krankheitsanfälle der Zeit. |
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